Neue Generation von Mikroturbinen
Mit dem Ziel, eine neue Generation von Mikroturbinen
zu entwickeln, die solchen Anforderungen gerecht werden, gründete
ABB im Jabre 1998 zusammen mit der Volvo Aero Corporation ein Geimeinschaftsunternehmen. Dabei
brachte Volvo seine Erfahrungen mit hybriden Elektrofahrzeugen mit Gasturbinenantrieb
und ABB seine Fachkenntnisse auf dem Gebiet der Hochfrequenz - Stromerzeugung
und -umwandlung in die Partnerschaft ein [1, 2].
Erst vor kurzem hat ABB Corporate Research Ltd.
in Baden-Dättwil in der Schweiz zusammen mit der ABB Industrie AG
und ABB Motors die Entwicklung einer als Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlage
(KWK) ausgeführte Mikroturbine beendet. Sie liefert im dezentralen
Einsatz Elektro- und Wärmeenergie. Die Anlage mit einer Lebenserwartung
von 60'000 Stunden produziert im weltweit einmaligen Leistungsbereich von
100 kW Strom und Warmwasser füîr gut 40 Normalhaushalte.
Die Mikroturbine ist in einem kleinen Gehäuse
(0,9 x 1,9 x 2,9 Meter) untergebracht und für die Aufstellung in Innenräumen
vorgesehen. Die Luft saugt sie von aussen an. Sie besteht aus folgenden
Hauptteilen (Bild 2):
· Gasturbine und Rekuperator
· Generator
· Elektrisches System
· Abgas-Wärmetauscher
· Überwachungs- und Regelungssystem
Generator mit Turbinenwelle gekuppeit
In der Milutoturbine treibt ein Turbinenlaufrad
ein auf die gleiche Welle montiertes Verdichterrad an. Der Verdichter fördert
Verbrennungsluft in die Brennkammer, in der zur kontinuierlichen Verbrennung
Brennstoff beigemischt wird. Der Heissgasstrom expandiert in der Turbine.
Sie wandelt einen Grossteil der Wärmeenergie in mechanische Energie
um, die den Verdichter und die Last antreibt. Im Gegensatz zu konventionellen
Kraftwerken ist bei der Mikroturbine ABB MT100 der hochtourige Generator
direkt mit der Turbinenwelle gekuppelt, und ein Umrichter passt die Drehzahl
elektronisch an.
Am Ende des Ausdehnungsprozesses leitet ein Kamin
die restliche Wärmeenergie der Gasturbine ab. Solche Anlagen hätten
allerdings schlechte Wirkungsgrade, es sei denn, es würden mehrere
Verdichter- und Turbinenstufen vorgesehen. Die ABB MTl00 umgeht dieses
Problem durch einen Rekuperator. Er gewinnt die Abhitze zurück und
nutzt sie zum Vorheizen der verdichteten Verbrennungsluft vor deren Brennkammereintritt.
Vorteilhaftes Ergebnis: die gewünschte Betriebstemperatur wird mit
weniger Brennstoff erreicht. Ein weiterer Wärmetauscher hinter dem
Rekuperator erhitzt das Wasser im äusseren Kreislauf.
Saubere Energie
Tiefe Emissionswerte zu erreichen, waren eine Grundvoraussetzung
bei der Entwicklung der Mikroturbine. Weil sich die kontinuierliche Verbrennung
genau regeln lässt, entstehen in der Gasturbine sehr wenig Emissionen
[3][4].
Der NOx-Ausstoss der Mikroturbine ist mit 15 Partikel pro Million
Luftmoleküle (ppm) - Zielwert: 5 bis 9 ppm - rund 20-fach geringer,
verglichen mit den 200 bis 300 ppm von Gasmotoren (Zielwert: <100 ppm).
Der Grenzwert für Lastwagen mit Dieselmotor (Euro3, Norm 2001) liegt
bei rund 4000 ppm und damit etwa tausendmal höher als die Mikroturbinenwerte.
Der Gesamtwirkungsgrad der ABB-Mikroturbine liegt
bei 80%; der entsprechende Wert der in Europa (elektrisch und thermisch)
produzierten Energie liegt bei 40%. Daher schneidet die Mikroturbine im
Bereich dezentrale Stromerzeugung auch gegen die bereits umweltfreundlichen
Blockheizkraftwerke wesentlich besser ab. Wer sich also eine Mikroturbine
in seinen Keller holt, hat den umweltfreundlichsten Energieerzeuger im
Haus, den es momentan auf dem Markt gibt.
Hochtouriger Generator
Kleine Gasturbinen arbeiten vor allem dann effizient,
wenn das Getriebe entfällt, das die Drehzahl der Turbinenwelle auf
die Drehzahl der konventionelien elektrischen Maschinen reduziert. Ohne
Getriebe wird die Maschine kompakter und zuverlässiger. Bei einem
solchen hochtourigen System besteht der Vorteil darin, dass sich die Grösse
der Generatoren fast direkt proportional mit steigender Drehzahl reduziert.
Die Drehzahlerhöhung führt zu sehr kleinen Einheiten, die gut
mit der Gasturbine integriert werden können. Dank ihrer kompakter
Bauweise ist die Mikroturbine für einen Einsatz in Hotels, Spitälern,
Wohnüberbauungen oder auch in Kleinfabriken prädestiniert.
Allerdings erfordern hochtourige elektrische Maschinen
den Einsatz besonderer Werkstoffe. Permanentmagnete und hochfeste Materialien
haben sich bestens bewährt und gehören zum Stand der Technik.
Eine weitere Voraussetzung für hochtourige Anwendungen mit direkter
mechanischer Kupplung ist eine sehr effiziente Frequenzumformung. ABB hat
sich für den Einsatz so genannter IGBTs (Insulated Gate Bipolar Transistor)
entschieden. Sie arbeiten nicht nur mit der nötigen Effizienz, sondern
lassen sich auch mit entsprechend hoher Frequenz schalten.
Netzanalysen erlauben stabilen Betrieb
In einem typischen Anwendungsfall mit Mikroturbine
kann eine unbekannte Netztopologie zu Schwierigkeiten bei der Regelung
der Netzstabilität führen. Müssen mehrere dezentrale Stromerzeugereinheiten
koordiniert werden, so kann die Gefahr der Netzinstabilität sehr ausgeprägt
sein. Da es in solchen Fällen mehr als ein Überwachungs-
und Regelungssystem gibt, können innere Schwingungen auftreten, wie
Versuche an einer KwK-Prototypanlage [6] im ABB-Konzernforschungszentrum
in Baden-Dättwil gezeigt haben.
Um diese Art der Instabilität zu untersuchen,
hat ABB verschiedene Simulationsmodelle erstellt. Abgeleitet wurden sie
von früheren Arbeiten am Hybridbus [5], der
Topologie der KWK-Anlage und von Messungen. Es versteht sich von selbst,
dass die ABB MTl00 alle möglichen Probleme beherrschen muss, ohne
dass dabei sie selbst oder Einrichtungen ausserhalb des Mikroturbinensystems
Schaden nehmen. Die Untersuchungen basieren auch
auf Erfahrungen mit Bahnnetzen, in denen Instabilitäten vor einigen
Jahren zu Abschaltungen geführt hatten [7].
Virtuelles Energie-versorgungsunternehmen
Die dezentrale Stromerzeugung mit Mikroturbinen
bietet eine wirtschaftlich und ökologisch interessante Alternative
zu konventionellen Lösungen. Das ABB-Forschungszentrum in Baden-Dättwil
positioniert sich mit dieser Entwicklung nachdrücklich im wachsenden
Markt der Alternativenergien.
Strom kann jedoch noch optimaler und umweltfreundlicher
erzeugt werden, wenn die Mikroturbinen untereinander mit Telekommunikations-
und Informationstechnologie verbunden und von einem Betreiber gesteuert
werden. Ein virtuelles Energieversorgungsunternehmen wäre in diesem
Fall für den sicheren und gesamthaft optimalen Betrieb ohne Aufsicht
zuständig.
Gekonntes Energiemanagement
Bei der dezentralen Energieversorgung spielt eine professionelle Betriebsführung eine wichtige Rolle. Dank eines optimierten Betriebes einer Mikroturbine können die Energiekosten bis zu 15% gesenkt werden. Die ABB Energie Services Schweiz (Paul.van_Trigt@ch.abb.com) ist im Gebiet der Energiedienstleistungen tätig. Sie bietet komplette Energie-Lieferverträge an: Die Anlage wird für den Kunden finanziert, installiert und betrieben. |
Literatur
[1] P. Chudi, A. Malmquist: Hybridantrieb
für Automobile der Zukunft. ABB Technik 9/93, 3-12.
[2] G. Lagerström, A. Malmquist: Advanced hybrid
propulsion system for Volvo ECT. Volvo Technology Report no 2, 1995.
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[3] A. Malmquist, O. Aglén, E. Keller,
M. Suter, J. Wickström: Mikroturbinen als Wegbereiter der dezentralen
Wärme- und Stromversorgung. ABB Technik 3/2000, 22-30.
[4] D.K. Mukherjee: Stand der Gasturbinentechnik. ABB
Technik 2/97, 4-14.
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[5] A. Malmquist: Analysis of a gas
turbine driven hybrid drive train for heavy vehicles. Ph. D. thesis, The
Royal Institute of Technology. KTH 1999.
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[6] M. Suter: Do it yourself. Akzent,
ABB Schweiz, 2/2000.
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[7] M. Meyer, J. Schöning: Netzstabilität
in grossen Bahnnetzen, «Eisenbahn-Revue», Juli-August 1999.
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[8] Saubere Energie «homemade». ABB Schweiz, Umweltbericht
2000, 10-11.
Adresse des Autors
Marco Suter
Bereich Susteme und Komponenten
ABB Corporate Research Ltd.
5405 Baden-Dättwil
marco-suter@ch.abb.com